„High Five!“ – Interview mit Oliver Herrmann „Erfolgsfaktoren von Handelsimmobilien“

Oliver Herrmann; „High Five”-Logo; Logo: redos leading in retail real estate

Ein Thema, ein Experte, fünf Fragen und Antworten. Das ist „HIGH FIVE!“. Wir freuen uns für die heutige Ausgabe Oliver Herrmann, CEO der redos Gruppe zu gewinnen. Er spricht mit uns über die Erfolgsfaktoren von Handelsimmobilien, gerade mit Blick auf Revitalisierung und Nachhaltigkeit. Das Interview führt Dr. Angelus Bernreuther, Leitung institutionelle Investoren und Immobilienwirtschaft, Kaufland.

 

Angelus Bernreuther: Vor kurzem hat redos den Merger mit Redevco bekannt gegeben. Was waren die Hintergründe für diesen Zusammenschluss?

Oliver Herrmann: Wir haben uns bei redos intensive Gedanken gemacht, wie wir unser enormes Wachstum zukünftig managen wollen, um unsere ausgezeichnete Performance für unsere Investoren zu halten. Gleichzeitig gilt es, als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben. Dabei müssen wir den sich weiter verschärfenden Anforderungen bei ESG und Compliance gerecht werden. Zusätzliche Komplexität ergibt sich durch die Veränderungen im Einzelhandel selbst und den Wandel der regulatorischen und volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen. So war der Zusammenschluss für redos und Redevco der logische Schritt. Andrew Vaughan (CEO Redevco) und ich haben in vielen Gesprächen eine gemeinsame Vision entwickelt und verfolgen jetzt das Ziel, die führende Plattform von großflächigen Einzelhandels- und urbanen Logistikimmobilien in Europa zu bauen. Mit gemeinsamen rund 10 Milliarden Euro Assets under Management sind wir hier schon sehr weit, trotzdem sind unsere Ambitionen deutlich größer. Für Investoren wird auch in Zukunft die Maxime „size matters“ eine entscheidende Rolle spielen. 

 

Angelus Bernreuther: Zusammen mit Redevco entsteht eine der größten europäischen Investmentplattformen für Handelsimmobilien. Welche Typen von Handelsimmobilien werden im Fokus stehen? Kommen auch neue Ländermärkte hinzu?

Oliver Herrmann: Redevco ist ein starker Marktteilnehmer in Belgien, wir als redos sind führend auf dem deutschen Markt. In beiden Ländern gibt es nach wie vor Potenzial, das gehoben werden kann. Darüber hinaus sehen wir große Wachstumschancen in weiteren westeuropäischen Kernmärkten, speziell in Frankreich, Spanien und Großbritannien, wobei das keine abschließende Aufzählung ist. Bei der angestrebten Expansion zu einer pan-europäischen Plattform werden wir die Erfahrung und das Knowhow beider Häuser beim Investment, Management und (Re-)Development großflächiger Einzelhandelsimmobilien und Retail Parks zusammenführen. Zudem arbeiten wir bereits seit längerem an einem zukunftsweisenden Konzept für städtische Logistik und werden das gemeinsam mit Redevco jetzt vorantreiben.

 

Angelus Bernreuther: redos hat trotz der Pandemie einige Revitalisierungen von bestehenden Handelsstandorten angegangen. Was sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren dafür?

Oliver Herrmann: Wir schätzen, dass in Deutschland mehr als 70 Prozent der Handelsstandorte starke Defizite im Bereich Nachhaltigkeit und Konzeption aufweisen. Daher ist die Revitalisierung von Bestandsobjekten ein wesentlicher Teil unserer Strategie. Denn auch im Einzelhandel werden „Manage to Core“ und „Manage to Green“ immer wichtiger. Wir sind überzeugt, dass Händler nicht nur nachhaltige Produkte verkaufen, sondern dies auch in nachhaltigen Gebäuden tun müssen. Sonst passt es nicht. Zudem bedingen die Veränderungen beim Handel, dass Konzepte noch viel schneller als bisher angepasst und wir uns noch mehr auf den Kunden einstellen müssen. Langfristig werden Standorte Erfolg haben, die attraktive Konzepte mit Nachhaltigkeit und Service verbinden. 

 

Angelus Bernreuther: Fachmärkte und ESG. Wie geht das in Zukunft zusammen?

Oliver Herrmann: Wir arbeiten zurzeit an der Revitalisierung unseres Objekts in Dortmund Aplerbeck, eines der erfolgreichsten und seit fast 50 Jahren am Markt befindlichen Fachmarktzentren. Wir konzeptionieren das Objekt neu und bringen es in eine neue Nachhaltigkeitsliga. Ziel ist, das Objekt mit eigener Solarstromerzeugung zu mehr als 80 Prozent mit Strom zu versorgen. Überkapazitäten werden dabei nicht ins Netz eingespeist, sondern durch Wasserstoffspeicherung vorgehalten. Das ist noch sehr teuer, aber in Dortmund starten wir einen Piloten und wollen ein Zeichen setzen. Wir müssen uns auch die Frage stellen, welche Maßnahmen sinnvoll zur Reduktion des CO2-Ausstoßes beitragen und dazu ganzheitliche Konzepte und Herangehensweisen entwickeln. Eine Immobilie ist umso nachhaltiger, je länger sie steht und genutzt werden kann. Die Zeiten, in denen einfach abgerissen und neu gebaut wurde, sind vorbei. Heute geht es um die nachhaltige Alternative. Und da sind der Umbau und die Revitalisierung nahezu unschlagbar.

 

Angelus Bernreuther: Die Mieterlandschaft im Handel wandelt sich sehr dynamisch. Wie sieht der ideale Branchenmix für große Handelsimmobilien in Zukunft aus?

Oliver Herrmann: Um eine Handelsimmobilie zukunftsfähig auszurichten, müssen oftmals neue Wege gegangen werden. Es kann sein, dass eine großflächige Handelsimmobilie auch Logistik- oder andere Gewerbekomponenten oder auch Wohnen umfasst. Ein Beispiel ist unser Standort Kaufpark Eiche: Hier stehen wir kurz vor Baurecht für 450 Wohnungen. Damit ergänzen wir unser 60.000 Quadratmeter großes hybrides Fachmarktzentrum mit dem Ankermieter Kaufland und 3.500 Parkplätzen, das wir vor vier Jahren vollständig revitalisiert haben. Wir versiegeln keine weitere Fläche, da wir die Wohnungen über dem Parkplatz bauen und bringen über 1.500 potenzielle Kunden zusätzlich direkt vor Ort, ohne eine einzige zusätzliche PKW-Bewegung. Wir werden also an einem Standort nicht mehr nur über den Branchenmix, sondern über den Nutzungsmix nachdenken müssen.