Vom Feld ins Kaufland-Regal: Der Weg der Silphie

Wie aus der Silphie-Pflanze eine nachhaltige Verpackung für den Cameo-Apfel von Kaufland wird.   

14. Juni 2023 | Autorin: Sabrina Erny | Lesedauer: 8 min

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Silphie-Ernte

Es ist noch nicht lange her, da diente die Silphie-Pflanze hauptsächlich als Futtermittel für Nutztiere. Für diesen Zweck brachten Händler sie von Nordamerika nach Europa. Heute wird sie als Energiepflanze zur Biogaserzeugung genutzt – und als ressourcenschonender Papierersatz. Seit einiger Zeit sind Verpackungen aus der Silphie-Pflanze bereits für Räucher- und Stremellachs sowie Äpfel der Eigenmarke K-Bio oder jüngst für Äpfel der Sorte Cameo bei Kaufland im Einsatz. Doch wie kam es eigentlich dazu, aus einer gelbblühenden Pflanze Verpackungspapier herzustellen und was macht Silphie dabei so nachhaltig? Um diese Fragen zu klären, haben wir uns den Weg der Silphienfaser vom Feld bis ins Kaufland-Regal einmal genauer angeschaut.

Unsere erste Station führt uns dorthin, wo die Silphie-Pflanze wächst, in die Nähe des Bodensees. Jeden Morgen läuft Landwirt Thomas Metzler über die Pflastersteine seines Hofs im Energiepark Hahnennest, um seinen täglichen Arbeiten nachzugehen. Nur wenige Meter entfernt sieht man hektarweise hohe Stauden: die Silphie-Pflanze. Gute zwei bis drei Meter hoch schießt sie in den Himmel, weiter unten sind die Pflanzen ähnlich dicht verzweigt wie ein Maislabyrinth. Im Juli beginnt die Silphie, gelb zu blühen. Dann in der Erntezeit im Herbst fahren Metzler und seine Kollegen raus aufs Feld, um die Pflanzen zu ernten und zu häckseln. Anschließend werden die Fasern in riesigen Haufen gesammelt, mit Silofolie luftdicht abgedeckt und darin durch Milchsäuregärung konserviert. Einmal haltbar gemacht, können die Silphienfasern ganzjährig weiterverarbeitet werden.
 

Silphie-Ernte

Im Herbst ist Erntezeit: Metzler und seine Geschäftspartner fahren mit ihren Maschinen auf das Feld, um die Silphienfasern zu ernten.

Silphie Haufen

Nachdem die Silphie-Pflanze zerkleinert wurde, werden die Fasern in riesigen Haufen gesammelt, mit Silofolie luftdicht abgedeckt und darin durch Milchsäuregärung konserviert.

Thomas Metzler

Thomas Metzler kümmert sich zusammen mit drei weiteren Landwirten in der Nähe des Bodensees um die Ernte von Silphie.

Dies ist der erste Schritt, um aus der Silphie-Pflanze Fasern für stabile Verpackungen zu machen, in denen schließlich Lebensmittel wie die Cameo-Äpfel von Kaufland ihren Platz finden.

Dass er einmal große Teile seines landwirtschaftlichen Betriebs auf Silphie umstellen würde, hätte Metzler vor ein paar Jahren noch nicht gedacht: 25 Jahre lang bestand sein Auskommen aus der Schweinezucht. Etwas Ackerfläche mit Weizen, Mais und Gerste betrieb er nebenbei, um das für die Tiere notwendige Futtermittel selbst herzustellen. Die Reise mit Silphie begann für ihn über Umwege mit dem Bau einer Biogasanlage. Vor einigen Jahren schloss sich Metzler hierfür mit drei Landwirten aus dem „Hahnennest“ zusammen, um die Gülle zu vergären und in Energie umzuwandeln. Da dies sehr erfolgreich war und die Anlage sich schon bald selbst trug, suchten sie nach pflanzlichen Alternativen, um den Betrieb der Biogasanlage zu erweitern. Dabei stieß Metzlers Schwager, Ralf Brodmann, zufällig beim Quartett-Spiel auf Silphie.

„Mein Schwager hat mit seinen Kindern Quartett gespielt und eine der Karten hatte tatsächlich die Silphie als Motiv. Er meinte dann zu mir, schau mal im Quartett ist eine interessante Pflanze, lass uns diese mal googlen. Das war dann der Anstoß für uns, sich mit dem Thema näher zu beschäftigen“, erklärt Metzler.

 

Nach einigen Recherchen waren Metzler und Brodmann von den vielen positiven Eigenschaften, die Silphie mitbrachte, überzeugt. Denn sie liefert nicht nur genug Material, um ausreichend Biogas zu erzeugen, sondern auch ihr Anbau ist für Insekten und für den Boden gut und nachhaltig.

„Die Silphie-Pflanze ist eine Dauerkultur. Einmal angepflanzt, wächst sie praktisch von alleine nach, und mit ihrem tiefen Feinwurzelsystem holt sie sich alle Nährstoffe aus dem Boden, die sie braucht.  Silphie wirkt als Erosionsschutz und verhindert zudem Nitratauswaschungen. Aufgrund ihrer langen Blütenphase ist sie sehr insektenfreundlich. Das sind alles Aspekte, die mir als Landwirt, der von der Stabilität unserer Ökosysteme, von der Artenvielfalt und von fruchtbaren Böden profitiert, ebenso am Herzen liegen“, so Metzler.

Diese positiven Eigenschaften der Silphie erkannte auch OutNature, eine Marke des Umweltdienstleisters PreZero aus Neckarsulm. Als Teil der Schwarz Gruppe, zu der auch Kaufland gehört, hat es sich OutNature zur Aufgabe gemacht, nachhaltigere Verpackungsalternativen zu entwickeln und im Wertstoffkreislauf zu halten. Um uns erklären zu lassen, wie OutNature aus der Silphienfaser Verpackungen macht, treffen wir in Neckarsulm Rabea Stradinger, Key Account Managerin von OutNature.  

„Gerade die Silphienfaser bringt als Rohstoff für Verpackungsmaterial viele Vorzüge mit sich“, so Stradinger. „Silphie wächst innerhalb eines Jahres auf 3,50 Meter nach. Das macht sie zu einer geeigneten Alternative für klassische Papierfasern, für die jahrelang gewachsene Bäume abgeholzt werden müssen. Neben ihren vielen Vorteilen hinsichtlich Artenvielfalt und Ressourcenschonung, auch was die Wiederverwertbarkeit als Altpapier betrifft, bringt sie durch ihre natürliche Festigkeit eine besonders praktische Materialeigenschaft mit. Deswegen ist sie für uns eine wirkliche Revolution auf dem Papiermarkt.“

Damit unsere Cameo-Äpfel mit der Silphienfaser verpackt werden können, sind erst einmal mehrere Planungsschritte notwendig, die Stradinger und ihr Team gemeinsam koordinieren. Mit dem Einkauf, dem Verpackungs- sowie dem Brand Management von Kaufland bespricht sie, wie die Verpackung gestaltet sein muss, damit Kunden die Äpfel gut transportieren können. „Die Verpackung der Cameo-Äpfel haben wir mit einer speziellen Faltkonstruktion konzipiert, mit dieser kann komplett auf Plastik als Sicherungsmaterial verzichtet werden. Sie ist so konstruiert, dass der Kunde sie mühelos aus dem Obstregal entnehmen und seine Äpfel sicher nach Hause bringen kann“, so Stradinger.

Bevor die Verpackung aber hergestellt werden kann, müssen Stradinger und ihre Kollegen sowohl beim Faltschachtelhersteller als auch bei dem Lieferanten „Obst vom Bodensee Vertriebsgesellschaft“ die technischen Voraussetzungen prüfen. „Es kommt dabei auf viele praktische Dinge an“, erklärt Stradinger. „Lassen sich die Verpackungen mit den vorhandenen Maschinen in Serie falten? Ist sie gut bedruckbar? Und letztlich muss auch unser Apfellieferant in der Lage sein, die Verpackungen über sein Förderband zu befüllen.“ Nachdem mit allen beteiligten Herstellern und den Lieferanten das Verpackungskonzept besprochen und getestet wurde, kann die Verpackung in Serie gehen.

Aber noch einmal zurück zum Hahnennest und der eigentlichen Ernte der Silphienfaser. Unweit von der Hahnennest-Biogasanlage, befindet sich ein zylinderförmiges Gefäß mit einer verbundenen Waschmaschine samt Mühle, das nun zum Einsatz kommt. Damit die Fasern der Silphie für die Papier- und Verpackungsherstellung überhaupt verarbeitet werden können, nutzt OutNature ein biothermisches Verfahren, mit dessen Hilfe die Fasern von den übrigen Pflanzbestandteilen getrennt werden. Für die Durchführung des Prozesses sind Metzler und seine Geschäftspartner zuständig.

„Man kann sich das etwa wie bei einem Schnellkochtopf vorstellen. Im Innenraum herrscht ein gewisser Druck, öffnet man den Topfdeckel, verändert sich dieser in Windeseile. Dadurch wird die Silphie-Pflanze in ihre Einzelteile aufgesprengt. Anschließend sortieren wir die Fasern nach ihrer Länge. Fasern, die noch zu grob sind, werden noch mal durch einen Teil des Prozesses geschleust, damit am Ende alle Faserstücke genormt sind und einheitlich weiterverarbeitet werden können“, erklärt Metzler.

In der Silphie-Fabrik

Zur Gewinnung der Silphien-Naturfasern durchläuft das Rohmaterial einen mehrstufigen Prozess. 

Papierfabrik von außen

Die übrigen Pflanzbestandteile aus der Faseraufbereitung kommen in die Biogasanlage und dienen der Erzeugung von Strom, Wärme und Gas. Der nach dem Biogasprozess anfallende Gärrest wird als Dünger auf den Feldern weiterverwendet und schließt damit den Kreislauf.
 

Die übrig gebliebenen Faserreste nutzen die Landwirte vom Bodensee als Gärsubstrat für die Biogasanlage. Von den etwa 6.000 Kilowatt, die pro Stunde erzeugt werden, wird dabei ein Viertel in einem Blockheizkraftwerk zu Strom und Wärme gemacht, während die anderen Dreiviertel auf Erdgasqualität aufbereitet und ins deutsche Gasnetzwerk eingespeist werden.

In der Papierfabrik

In der Papierfabrik entsteht aus den Silphienfasern in Abmischung mit herkömmlichem Zellstoff oder Altpapier unser Silphie-Papier. Im Fall der Cameo-Äpfel wurde recyceltes Papier verwendet. OutNature vertreibt Papiere und Karton mit einem Silphie-Faseranteil von mindestens 35 Prozent.

In Teisnach, im Bayerischen Wald, produziert der Papierhersteller Pfleiderer jährlich 40.000 Tonnen Spezialpapier - auch unser Silphie-Papier. Die trockenen Silphienfasern werden dazu in Wasser gelöst, gemahlen und anschließend mit umweltzertifiziertem Holzzellstoff zu einem Stoffbrei vermischt, für die Verpackung der Cameo-Äpfel sogar mit recyceltem Altpapier. Auf der Papiermaschine wird der Stoffbrei dünn auf ein Sieb aufgebracht, entwässert, gepresst und über Trockenzylinder getrocknet. Am Ende der Maschine wird die fertige Papierbahn aufgerollt und anschließend in passende Rollengrößen zugeschnitten.

Im nächsten Schritt wird das Silphie-Papier zu Wellpappe verarbeitet, eine stabile Verpackung erstellt und im Cameo-Design bedruckt. 

Äpfel werden verpackt.

Zurück am Bodensee verpackt die Vertriebsgesellschaft „Obst vom Bodensee“ die Cameo-Äpfel in der Silphie-Verpackung.

Cameo-Äpfel in der Silphieverpackung

Die Cameo-Äpfel sind seit dem Frühjahr 2023 in der Silphie-Faser verpackt für Kaufland-Kunden erhältlich.

Der Cameo Apfel in Silphie-Verpackung

Angekommen im Kaufland-Regal: Die Cameo-Äpfel sind seit dem Frühjahr 2023 in der Silphie-Faser verpackt für Kaufland-Kunden erhältlich.

Zurück zum Bodensee, zur Vertriebsgesellschaft „Obst vom Bodensee“, die die Cameo-Äpfel in den deutschen Lebensmitteleinzelhandel vermarkten. Bereits seit 22 Jahren ist „Obst vom Bodensee“ Partner von Kaufland, dessen angeschlossene Erzeugergemeinschaften die Cameo Apfelsorte exklusiv für Kaufland anbauen.

„Wir wollen gemeinsam mit regionalen Erzeugergemeinschaften auch seltenere und dennoch robuste Obst- und Gemüsesorten züchten. Damit wollen wir unseren Kunden nicht nur eine große Auswahl an regional produzierten Lebensmitteln bieten, sondern auch die Vielfalt der Arten fördern“, erklärt Jürgen Schartschinski, Bereichsleiter Einkauf Obst und Gemüse bei Kaufland.

Am Standort der Vertriebsgesellschaft werden die Äpfel in die Schalen aus Silphienfasern verpackt und an Kaufland ausgeliefert.  

Mit den Cameo-Äpfeln geht die Reise der Silphienfaser bei Kaufland jedoch nicht zu Ende. Auch in Zukunft soll Silphie dabei helfen, ressourcenschonende Verpackungen herzustellen, die einen Wertstoffkreislauf bilden. Hierfür arbeiten OutNature und Kaufland immer wieder an neuen Verpackungskonzepten.

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