„Mit Verpackungen neue Wege gehen“

Gerade im Verpackungsbereich haben Lebensmittelhändler die Möglichkeit wertvolle Ressourcen einzusparen. Wie das praktisch gelingen kann, zeigen drei Beispiele aus den Kaufland-Regalen. 

21. August 2024 | Autorin: Alisa Götzinger| Lesedauer: 5 Minuten

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Plastik, Papier, Granulat

Ob Joghurt im Glas, Milch im Getränkekarton, WC-Reiniger in der Plastikflasche oder Mais in der Dose – fast jedes Produkt muss in irgendeiner Form verpackt werden. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass für jeden Deutschen im Jahr 237 Kilogramm Verpackungsmüll anfallen. Das hat das Statistische Bundesamt 2021 ermittelt. Deutschland liegt damit deutlich über dem EU-Durchschnitt von 189 Kilogramm1. Hinzukommt, dass immer noch wenig recyceltes oder auch recyclingfähiges Material verwendet wird und dadurch mit jeder Verpackung wertvolle Rohstoffe verbraucht werden. Dass solch große Herausforderungen besondere Lösungen bedürfen, zeigt das Beispiel von Kaufland: Mit einem eigenen Team arbeitet der Lebensmittelhändler daran, Verpackungen sukzessive innovativer und vor allem nachhaltiger zu gestalten und setzt sich so intensiv für das Thema Ressourcenschonung ein. 

Verpackungseinsparungen mit großem Effekt

Leon Hanreich mit Laptop

Wie das geht, wissen Leon Hanreich und seine Mitarbeiterin Elisa Thieringer. Der Ingenieur für Verpackungstechnik beschäftigt sich damit, Verpackungen für die Eigenmarkenprodukte im Kaufland-Sortiment immer weiter zu optimieren. Ein wenig gleicht seine Arbeit einem Strategie- oder Detektivspiel. Jedes Jahr entscheidet er mit seinem Team, welche Produkte bei Kaufland als nächstes in den Fokus ihrer Arbeit rücken. Dabei spielen vor allem zwei Aspekte eine wichtige Rolle:

„Wir schauen uns als erstes an, welcher Artikel in Sachen Verpackungseinsparung einen besonders großen Effekt haben. Faktoren sind hier zum Beispiel das Gewicht der Verpackung oder die Zahl der Abverkäufe. Denn natürlich erzielen wir mit einer optimierten Verpackung, die häufig verkauft wird, einen größeren ökologischen Vorteil als mit einem Nischenartikel. Gerade im Verpackungsmanagement haben wir hier eine sehr große Chance, wenn wir Materialstoffe im Kreislauf behalten. Schließlich sind ca. 25 Prozent unserer Produkte Eigenmarken, für deren Verpackung wir verantwortlich sind. Schlussendlich geht es uns ja immer darum, einen möglichst großen Unterschied zu machen – nicht nur für die Kunden, sondern vor allem für die Umwelt“, sagt Leon Hanreich.

Sein Einsatz zahlt auf die gemeinsam erarbeitete Plastikstrategie der Unternehmen der Schwarz Gruppe „REset Plastic“ ein. Diese sieht unter anderem vor, Kunststoff bei Eigenmarkenverpackungen einzusparen. 

Scheuermilch K-Classic

Ein gutes Beispiel hierfür findet sich seit Kurzem im Drogeriebereich aller Kaufland-Filialen und wirkt zunächst unscheinbar. Die Scheuermilch und die WC-Reiniger der Eigenmarke K-Classic sehen auf den ersten Blick unverändert aus, sind sie doch genauso groß und in vermeintlich derselben Verpackung wie bisher. Der Clou: Für beide Produkte werden statt bisher 50 Prozent für den Flaschenkörper nun 99 Prozent Rezyklat verwendet. Rezyklat ist wiederverwertetes Kunststoffmaterial, das aus dem Recycling von Kunststoffabfällen entsteht. Hilfe fand das Team um Leon Hanreich dabei bei einem anderen Unternehmen der Schwarz Gruppe.

„PreZero, die Umweltsparte der Schwarz Gruppe, konnte durch eine neue Aufbereitungstechnik Rezyklat herstellen, das qualitativ so hochwertig ist, dass wir dessen Anteil im Produkt stark erhöhen konnten. Dadurch kommen wir der Vision geschlossener Kreisläufe ein gutes Stück näher“, sagt Leon Hanreich.

Wie die Flasche ins Regal kommt

WC Reiniger K-Classic

Aber natürlich steht der WC-Reiniger nicht von heute auf morgen mit einer neuen Flasche im Regal. Zunächst haben Leon Hanreich und sein Team gemeinsam mit dem zuständigen Einkaufsbereich identifiziert, welcher Artikel optimiert werden soll. Die Wahl fiel aufgrund von Größe, Gewicht und hoher Nachfrage der Kunden schließlich auf ein alltägliches Produkt wie den WC-Reiniger. Anschließend wurde eine Materialstudie durchgeführt, nach der entschieden wurde, dass es bei der Verpackungsoptimierung um die Erhöhung des Rezyklatanteils gehen soll. Danach ging es in enger Abstimmung mit dem Einkauf und den Verpackungsexperten des Umweltdienstleisters PreZero ins Gespräch mit dem Lieferanten, der anschließend Abfülltests mit den neuen Behältnissen auf seinen Maschinen durchgeführt hat.

Sowohl die Sammlung des Materials für die neuen WC-Reiniger als auch das nachgelagerte Recycling in einer speziellen Anlage in Grünstadt erfolgen über PreZero. Anschließend wird das Material in Form von Granulat an den Lieferanten verschickt, bei dem es falls nötig mit Farbpigmenten versehen und zu einer Flasche geformt wird. In der Produktionsanlage des Lieferanten wird der Artikel dann befüllt. Insgesamt konnten die neuen Verpackungen dann nach einem guten Jahr in die Regale wandern. Für den WC-Reiniger Lemon werden im Jahr so ca. 32 Tonnen und für die Sorte Ocean 43 Tonnen Rezyklat verwendet, somit kann eine äquivalente Menge an Neuplastik eingespart werden. 

Innovative Tüte

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der entscheidet, welches Produkt sich von Kaufland in einem neuen, noch nachhaltigeren Gewand präsentieren darf, ist der Innovationscharakter:

„Wir stellen uns grundsätzlich immer auch die Frage: Ist die Umstellung eine Innovation, die neu auf dem Markt ist und mit der wir Learnings für weitere Projekte in der breiten Masse sammeln können“, erklärt Leon Hanreich.

Fixtüten Spaghetti

Das jüngste Beispiel dieser Bemühungen können die Kaufland-Kunden seit Neuestem bei den Fix-Tüten finden. Die harmlos aussehenden Tüten haben es in Sachen Recyclingfähigkeit ganz schön in sich, denn normalerweise besteht das sogenannte Sachet einer Fix-Tüte aus einer Kombination von Kunststoff, Aluminium und Papier. Diese drei unterschiedlichen Materialien können im Verbund nicht mehr getrennt werden, wodurch bei der Entsorgung Wertstoffe verloren gehen. „Kurz gesagt: Diese Verpackung ist nicht recyclingfähig“, erklärt Elisa Thieringer aus dem Team von Leon Hanreich. Die Lösung: Die Sachets bestehen nun aus Varianten eines einzelnen Kunststoffs, der hochgradig recyclingfähig ist, damit die Wertstoffe erhalten bleiben. Hierfür hat Elisa Thieringer gemeinsam mit PreZero verschiedene Materialkombinationen erarbeitet und auf ihre Recyclingfähigkeit geprüft, denn „die steht bei der Optimierung natürlich an erster Stelle“. Im praktischen Test zeigten sich auch Herausforderungen bei der Produktion. Zum Beispiel konnte das neue Material zu Beginn nicht so gut versiegelt werden und zeigt je nach Inhalt des Sachets Durchstöße durch das Verpackungsmaterial.

„Für die Materialauswahl von Lebensmittelverpackungen stellen sich uns noch ganz andere Herausforderungen. Neben Nachhaltigkeitsaspekten müssen wir beispielsweise auch darauf achten, dass unsere Lebensmittel ausreichend vor Licht und Sauerstoff geschützt sind sowie sicher und stabil transportiert werden können“, erklärt Elisa Thieringer „Ein großer Aspekt bei jedem Projekt ist für uns aber der Pilotcharakter. Wenn wir es einmal geschafft haben, einen neuen Weg mit der Verpackung zu gehen, dann können wir unsere Erkenntnisse auch auf ähnliche Artikeltypen übertragen. Hierbei werden wir auch tatkräftig von unseren Kollegen aus dem internationalen Einkauf unterstützt.“

Vielseitige Silphie-Pflanze

Ein solches Projekt mit Innovationscharakter hat Kaufland, ebenfalls gemeinsam mit PreZero, vor einigen Jahren schon einmal gestartet. Die Rede ist von der Silphie-Pflanze, einer robusten, mehrjährigen schnell wachsenden Energiepflanze, die in Deutschland insbesondere am Bodensee großflächig angebaut wird. Durch ein neues biothermisches Verfahren ist es OutNature, einer Marke von PreZero, gelungen, die Fasern von den übrigen Pflanzenbestandteilen zu trennen und sie als Rohstoff für Verpackungen zu nutzen. Die Silphie-Fasern sind so ein guter Ersatz für Holzfasern bei der Papierherstellung und wachsen im Gegensatz zu Bäumen innerhalb kurzer Zeit wieder nach. Silphie spart also Holzzellstoff und bietet eine alternative Ressource für die Papierherstellung. Die Silphie wird regional angebaut und die Aufbereitung benötigt nur wenig Wasser und keine Chemikalien. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Silphie-Pflanze nicht nur für Verpackungen genutzt werden kann, sondern Anteile von ihr auch in einer Biogasanlage energetisch weiterverwendet werden. Die Silphie-Nutzung bietet damit einen doppelten Vorteil. Kaufland war von den Vorzügen der neuartigen Silphie-Pflanze direkt überzeugt, sodass das Material bereits für zahlreiche Produkte wie Lachs, Äpfel, Tomaten und Kresse, aber auch bei Drogerieartikeln von bevola naturals zum Einsatz kommt. 

Silphie-Ernte
Thomas Metzler
Cameo-Äpfel in der Silphieverpackung
Äpfel in Silphie

„Neue Verpackungslösungen zu finden, bedeutet eben immer auch neue Wege zu gehen. Natürlich ist das keine Aufgabe, die sich von heute auf morgen lösen lässt, sondern die man nur in einzelnen Etappen nehmen kann“, sagt Leon Hanreich.

So gilt es beispielsweise auch immer, alle Regularien und Gesetze auf Bundes – und EU-Ebene im Blick zu behalten und gleichzeitig nie die neuesten Trends aus den Augen zu verlieren.

„Unsere Motivation ist immer, dass wir als Händler einen extrem großen Hebel haben und mit jeder einzelnen Optimierung an einem Produkt einen ökologischen Mehrwert schaffen. Wir sind davon überzeugt und fühlen uns dafür verantwortlich, in den kommenden Jahren noch viele weitere Verpackungsinnovationen umzusetzen.“

 

 

1 https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2023/PD23_50_p002.html 

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