„High Five!” – Interview mit Christine Hager

Logo: HIGH FIVE; Abbildung Christine Hager

Ein Thema, ein Experte, fünf Fragen und Antworten. Das ist „High Five!“. Wir freuen uns, dass wir für diese Ausgabe Christine Hager, German Council of Shopping Places (GCSP), als Interviewpartnerin gewinnen konnten. 

Seit 1993 ist der German Council of Shopping Places e. V. (GCSP) der einzige bundesweite Interessenverband, der Handel und Einzelhandel, Städte und Kommunen mit der Handelsimmobilienwirtschaft vereint. Rund 1000 Persönlichkeiten der Mitgliedsunternehmen aus den Bereichen Einzelhandel, Handelsimmobilien, Städte und Kommunen, Entwicklung und Analyse, Finanzierung, Center-Management, Architektur und Marketing bilden hier einen aktiven Interessenzusammenschluss als zentrale Interessensvertretung und ideale Networkingbasis des Handels und der Handelsimmobilienakteure.

Mit rund einer Million Arbeitnehmern und direkt verbundenen Dienstleistern repräsentieren die Mitgliedsunternehmen des GCSP einen bundesweit bedeutenden Wirtschaftszweig. Der GCSP gibt bundesweit verschiedene Publikationen als „Shopping Places Magazin und Shopping Places Online www.shopping-places.de ” heraus. Bedeutende Konferenzen sind der German Council Jahreskongress in Berlin, die zweitägigen POWERDAYS Fachkonferenzen sowie der HIK, Handelsimmobilienkongress, der zusammen mit dem HDE, Handelsverband Deutschland und dem EHI Retail Institut sowie dem ZIA, Zentralen Immobilien Ausschuss als zentrale Fachkonferenz der Handelsimmobilienwirtschaft auch in Berlin stattfinden. Mehr Infos: www.gcsp.de

 

Welche Rolle spielen Handelsstandorte derzeit im deutschen Immobilienmarkt und gibt es hierbei regionale Unterschiede aus Sicht des GCSP?

Christine Hager: Handelsstandorte spielen eine wichtige Rolle im deutschen Immobilienmarkt, da sie oft als attraktive Investitionsobjekte gelten. Die Bedeutung kann jedoch je nach Region variieren. In großen Ballungszentren sind Handelsimmobilien beliebt, während in ländlicheren Gebieten die Nachfrage möglicherweise geringer ist. Es gibt also regionale Unterschiede in Bezug auf die Rolle von Handelsstandorten im deutschen Immobilienmarkt. Viel relevanter schätzt der GCSP allerdings die Rolle der unterschiedlichen Assetklassen ein, da diese sich unterschiedlicher Nachfrage – insbesondere aus Investorensicht – erfreuen. So gelten zum Beispiel Fachmarktzentren, Fachmärkte und Lebensmittler nach wie vor als „Investors Darling“, hingegen Shopping-Center stärker unter Druck stehen.

 

Was sind die größten Herausforderungen, denen sich Eigentümer und Entwickler von Handelsimmobilien in Deutschland aktuell gegenübersehen und welche Strategien sehen Sie als besonders effektiv an, um Leerstände und Umsatzrückgänge in Handelsimmobilien zu bewältigen?

Christine Hager: Die größten Herausforderungen, denen sich Eigentümer und Entwickler von Handelsimmobilien in Deutschland derzeit gegenübersehen, sind die zunehmende Konkurrenz durch den Online-Handel, das veränderte Konsumverhalten der Verbraucher sowie die hohe Anzahl von Insolvenzen im Einzelhandel. Um Leerstände und Umsatzrückgänge in Handelsimmobilien zu bewältigen, gibt es kein allgemeingültiges Konzept. Grundbaustein ist unzweifelhaft die Diversifizierung des Nutzungsmix und Integration individueller, regionaler beziehungsweise lokaler Akteure in das Angebot. Ebenso ist die Schaffung von Erlebniswelten und die Etablierung von attraktiven Events ein wichtiger Baustein, die Standorte „lebendig“ zu halten und abwechslungsreich zu gestalten. Weiterhin spielt die Anpassung der Immobilien an die Bedürfnisse der Verbraucher, wie zum Beispiel durch die Integration von Click & Collect-Services oder die Schaffung von flexiblen Flächenkonzepten, eine wichtige Rolle.

 

Wie wichtig ist der Lebensmitteleinzelhandel für die Stabilität und nachhaltige Attraktivität von Handelsimmobilien und welche Trends beobachtet der GCSP im Lebensmitteleinzelhandel, die sich auf die Weiterentwicklung und das Betreiben von Handelsimmobilien auswirken könnten?

Christine Hager: Der Lebensmitteleinzelhandel spielt eine entscheidende Rolle für die Stabilität und Attraktivität von Handelsimmobilien, da insbesondere der periodische Bedarf als zugkräftiger Ankermieter fungiert und eine konstante Kundenfrequenz gewährleistet. Trends im Lebensmitteleinzelhandel oder auch den Drogeriebedarf, die sich auf die Entwicklung und das Betreiben von Handelsimmobilien auswirken könnten, sind beispielsweise die Integration von Technologie in den Einkaufsprozess, die steigende Bedeutung von Online-Lieferdiensten und der verstärkte Fokus auf Nachhaltigkeit und Bio-Produkte. Um den verändernden Bedürfnissen der Verbraucher gerecht zu werden, sind in der Folge Anpassungen in der Gestaltung und Ausrichtung von Handelsimmobilien zu berücksichtigen, um erfolgreich am Markt zu agieren. 

 

Welche Bedeutung wird den ESG-Kriterien beim Betreiben bestehender Handelsimmobilien in Zukunft beigemessen und welche politischen Entscheidungen werden hierbei einen prägnanten Einfluss nach Meinung des GCSP haben?

Christine Hager: Environmental-Social-Governance Kriterien spielen bereits heute – und werden in der Zukunft immer stärker – eine wichtige Rolle beim Betreiben neuer und bestehender Handelsimmobilien spielen. Die Bedeutung dieser Kriterien lässt sich auf verschiedene Weise erklären:

  • Umweltschutz (Environmental): Nachhaltigkeit und Umweltschutz stehen im Vordergrund. Energieeffizienz, CO₂-Reduktion und der Einsatz erneuerbarer Energien sind zentral. Die Immobilienbranche wird angehalten, umweltfreundliche Technologien und Materialien zu nutzen, um den ökologischen Fußabdruck zu minimieren.
  • Soziale Verantwortung (Social): Unternehmen müssen soziale Verantwortung übernehmen, was faire Arbeitsbedingungen, Inklusion und Gemeinschaftsförderung beinhaltet. Handelsimmobilien sollen Orte sein, die nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial nachhaltig sind.
  • Gute Unternehmensführung (Governance): Transparenz, ethisches Handeln und gute Unternehmensführung sind unerlässlich. Dies schließt die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und ethischer Standards ein.

Einen prägnanten Einfluss haben auch politische Entscheidungen, zum Beispiel strengere Umweltauflagen und Bauvorschriften, die nachhaltiges Bauen und Betreiben von Immobilien fördern, die Auflage staatlicher Anreize und Subventionen für nachhaltige Projekte und Investitionen in grüne Technologien oder auch die Erhöhung von CO₂-Preisen, die Unternehmen zwingen, ihre Emissionen zu reduzieren.

 

Welche Entwicklungen werden in den nächsten fünf bis zehn Jahren für Handelsstandorte in Deutschland erwartet? Und welche innovativen Konzepte oder Trends könnten Ihrer Meinung nach die Zukunft von Handelsstandorten prägen?

Christine Hager: Handelsimmobilien werden zunehmend als Teil gemischt genutzter Quartiere entwickelt, die Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit vereinen. Diese multifunktionalen Räume erhöhen Nutzungseffizienz und Attraktivität. Zudem werden eine nachhaltige Bauweise und Betrieb immer wichtiger. Weiterhin werden die zunehmende Digitalisierung und das Wachstum des Online-Handels die Struktur der Handelsstandorte nachhaltig verändern. Hinsichtlich der Gestaltung üben Erlebnisorientierung und Eventcharakter eine hohe Anziehungskraft auf Kunden und Besucher aus. Durch die Integration smarter Technologien und künstlicher Intelligenz kann der Betrieb effizienter gestaltet und zudem das Kundenerlebnis deutlich verbessert werden. Click & Collect-Services und individuelle Pop-up-Stores gehören heute praktisch schon zum Standardangebot und sind nicht mehr wegzudenken.